Korsika war für unsere Crew schon immer eine ganz besondere Insel. Dies liegt hauptsächlich daran, dass wir sie bereits etliche Male mit dem Auto besucht hatten. Nun war es endlich an der Zeit die Insel von der Wasserseite aus zu entdecken. Da Korsika allerdings zu einem sehr anspruchsvollen Revier zählt, waren die Vorbereitungen dementsprechend aufwändig. Das Hauptaugenmerk liegt hier in der frühzeitigen Erkennung des Mistrals und den dementsprechenden Schutzhäfen auf der Westseite, welche sehr spärlich gesät sind. Aber jetzt mal alles von vorne.

Wo Chartern
Wie immer schauen wir uns auf der Interboot nach passenden Charteragenturen um. Dies birgt den Vorteil, dass die Messerabatte relativ attraktiv sind. Nachteil ist, man muss in etwa 9 Monate vor dem Urlaub buchen.
Bevor man chartert muss man allerdings wissen, von wo aus. Um Korsika zu umrunden gibt es mehrere Möglichkeiten.
- Flug nach Sardinien und Charter ab einer Marina im Nordosten Sardiniens.
- Charter ab Elba z.B. Portoferraio.
- Charter ab Südfrankreich.
- Charter ab Italien Festland.
Da unsere Crew aus 10 Personen bestand macht es wenig Sinn 10 Personen in ein Flugzeug zu packen. Auch wenn die Flüge beispielsweise nach Olbia recht günstig sind, wären das für 10 Personen dennoch mindestens 3 000 Euro zusätzliches Budget.
Ähnlich verhielt sich die Überlegung mit Elba. Elba ist nur einen Steinwurf von der Küste Italiens entfernt. Um aber auf die Insel zu kommen, muss man die Fähre für mindestens 3 Fahrzeuge bezahlen. Da mir dies ebenfalls unnötig erschien, entschied ich mich ab Italien Festland zu chartern. Hier bot sich die Marina in St. Vincenzo an. Wir wurden dann über die Agentur Trend Travel Yachting bei DUFI Sail Charter fündig. Gebucht wurde eine 1 Jahr alte Sun Odyssey 519. Dank dem Messerabatt bekamen wir das Schiff für 2 Wochen für unter 8 000 Euro.
Überfahrt Italien – Korsika
Was man durchaus als Nachteil sehen kann, wenn man in St. Vincenzo chartert, ist die Entfernung nach Korsika. Die Entfernung beträgt hierbei ca. 50 sm über das offene Meer. Im Notfall könnte man hier die Insel Capraia anfahren, welche sich in etwa auf halbem Weg nach Korsika befindet. Um möglichst viel Zeit auf Korsika verbringen zu können, entschied ich in der Nacht überzusetzen. Hierdurch würden wir keine wertvolle Zeit am Tage für die Überfahrt verlieren und wären bereits am Sonntagmorgen auf der Insel.
Nachtfahrt

Als wir am Samstag, dem 08. Juni 2019 unser Boot in der Marina übernommen hatten, war das Wetter perfekt für eine Nachtfahrt in Richtung Korsika. Sonnig, Wind N 2-3 Bft. Somit legten wir ca. 1800, gleich nach dem Beladen des Schiffs ab. Aus der Seekarte habe ich mir die Leuchttürme herausgeschrieben, welche ich um eine bestimmte Uhrzeit erwarten würde. Das war zum einen das Leuchtfeuer von Capraia mit LFL W 6s16sm, Elba mit LFL W 15s16sm und Ile de la Giraglia mit FL W 5s28sm. Hin und wieder spannend waren nachts die riesigen Fährschiffe welche sich durch den Canal de Corse geschoben haben. Manchmal war es gar nicht so einfach nebst der Disko Beleuchtung der Schiffe die Navigationslichter auszumachen. Praktisch sind AIS Apps, welche die großen Schiffe anzeigen. So kann man frühzeitig erkennen, ob man sich auf Kollisionskurs befindet. Nach einer sonst ereignislosen Nacht fiel vor Marine de Barcaggio um kurz vor 5 Uhr morgens der Anker auf korsischem Grund. Nach einer kurzen Pause und einem Kaffee nahmen wir dann Kurs auf unser Tagesziel. Plage de Saleccia.


Westwärts Gerade Aus
10.06.2019 – Bisher hatte sich das Wetter gnädig gezeigt. Dies sollte sich bald ändern. Die Prognose zeigte 40 Knoten von West ab 16 Uhr. Da es nicht nach einer klassischen Mistral Lage mit einem Hoch über den Azoren, einem Tief über Italien und viel Wind aus dem Rhonetal handelte musste es ein gewöhnlicher, etwas stärkerer Wind sein. Diesen galt es aber möglichst geschützt abzuwettern. Wir segelten in Richtung Westen als bereits gegen 13 Uhr der Wind auf bis zu 38 Knoten auffrischte. Der Hafen Calvi hatte per Funk mitgeteilt, dass das Einlaufen bei diesem Wind nicht möglich sei. So gingen wir vor dem Hafen an eine der Bojen und verbrachten hier auch gleichzeitig die Nacht. Für die Boje haben wir 40 Euro bezahlt. Bereits um 20 Uhr hatte der Wind stark nachgelassen und es wurde eine ruhige Nacht mit einer wunderschönen Kulisse der alten Stadt Calvi.

Auf nach Bonifacio
Die Prognose zeigte bereits jetzt, dass gegen Ende der Woche viel Wind aus Ost kommen wird, was eher ungewöhnlich für diese Jahreszeit ist. Ich dachte, so viel Glück kann man gar nicht haben. Wir sind auf der Westseite und haben keine Mistral Lage. Da es sich trotz Ostwind um Windgeschwindigkeiten von bis zu 50 Knoten gehandelt hatte, war die Überlegung genau diese Tage im schönen Bonifacio abzusitzen. Somit segelten wir recht lange Schläge entlang der schönen und wilden Westküste Korsikas immer weiter südwärts.

Der nächsten zwei Ankerpunkte nach unserer Übernachtung im Bojenfeld vor der beeindruckenden Festung Calvis waren die Cala D’Orzu und Cala die Furnellu. Gerne hätten wir uns mehr Zeit gelassen, um all die schönen Orte zu sehen, welche wir leider auslassen mussten doch die Zeit drängte, da der Wetterbericht sich zunehmend konkretisiert hatte. Wie anfangs angedeutet, Wind aus Ost bis zu 50 Knoten.


Bonifacio
13.06.2019 – Ankunft in Bonifacio.
Ich hatte anfangs recht viele Bedenken wie es um die Belegung des Hafens stehen würde da oft berichtet wird, dass dieser, vor allem bei schlechten Wetterlagen, sehr schnell überfüllt ist. Wir hatten uns vorab unter resaportcorse.com mit unserem Boot angemeldet und vorab die erste Nacht per Kreditkarte bezahlt. Nach kurzer Anmeldung per Funk wurde uns auch schon ein Pier zugewiesen, an dem wir Römisch-Katholisch mit Muring anlegen konnten. Entgegen mancher Revierführer sind alle Plätze mit Muringleinen ausgestattet, womit das Ausbringen des Ankers entfällt bzw. gar gefährlich wäre in dem engen Hafen, da dieser sich unter Wasser irgendwo verhaken könnte. Die Übernachtung hatte uns 85 Euro/Nacht gekostet mit 52 Füssen und 10 Personen. Camping ist teurer und man hat die allerbeste Lage mitten in Bonifacio.

Soziale Netzwerke sind heutzutage ja eher Fluch als Segen. Hier allerdings hat sich doch eine schöne Situation ergeben. Nachdem ich ein Bild vom Hafen Bonifacio im Internet postete, meldete sich just ein Segler der ebenfalls im Hafen zu sein schien. Keine 10 Minuten später saß Marian bei uns an Board und wir genossen das ein oder andere Bier zusammen. Ein sehr interessanter Mann, welcher mit seiner Abyss, einer kleinen Etap 28, gerade Einhand aus Italien angesegelt kam. Da er sich Hauptberuflich mit Film und Filmtechnik beschäftigt, hält er seine Reisen auf eindrückliche Art und Weise fest. Der ein oder andere mag seinen Film „8 Jahre Mittelmeer„ bereits gesehen haben. Mich haben vor allem die Aufnahmen von seinem Trip umgehauen, den er in der Zeit gedreht hatte, an dem wir uns getroffen haben.

Iles Lavezzi
15.06.2019 – Nach zwei genussvollen Hafentagen mit viel korsischer Küche, Wein und Bier war es an der Zeit weiterzuziehen. Auch das Wetter hat sich wieder beruhigt und wir können mit unserem Trip fortfahren. Der nächste logische Schritt sind die Iles Lavezzi. Diese gehören noch zu Korsika, somit zu Frankreich und noch nicht zum Madalena Archipel. Den Tipp hierherzukommen bekamen wir von Skipper Andy, ein Italiener, welcher professionell Touristen auf einem Katamaran durch die Gegend schippert und ebenfalls zwei Tage in Bonifacio unser Nachbarlieger war. Ein frühes Erscheinen lohnt sich. Es war erst gegen 11 Uhr morgens und die Bucht war gut gefüllt. Andy und seine Gäste waren ebenfalls in die Bucht gekommen. Er meinte, dieser Füllgrad sei noch gar nichts im Vergleich zum August. Gut, dass wir die Tour im Juni machen.


Eigentlich war es geplant die Reise in Richtung Madalena Archipel fortzuführen. Allerdings mit Blick auf die Uhr war der Urlaub bereits zu weit fortgeschritten. Wir hatten lediglich noch 6 Tage bis wir im Ausgangshafen St. Vincenzo wieder festmachen mussten. Auch weil der südöstliche Teil Korsikas zu den schönsten auf der Insel zählt, entschieden wir von den Iles Lavezzi wieder nordwärts zu segeln. Somit kamen wir in den Golf von Santa Amanza mit seiner schönen Canetu Bucht.

Rondinara
16.06.2019 – Wohl eine der berühmtesten Buchten Korsikas ist zweifelsohne Rondinara. Die perfekt geformte Bucht mit dem türkisen Wasser lädt viele Touristen zum Baden ein. Da die Bucht relativ groß ist, war es kein Problem hier einen schönen Platz zu zum Übernachten zu finden. Der Grund hält wunderbar. Wir nutzen die Zeit vor Anker, um zu Baden und ein paar schöne Bilder zu machen.

Santa Guilia
17.06.2019 – Weiter geht es zur Santa Guilia. Hier empfängt uns bereits vor dem Bojenfeld der Marinero und weist uns daraufhin, dass eine Boje 40 Euro kostet. Da wir das bereits aus dem Revierführer wussten, war das für uns kein Problem. Die Bucht besticht durch den weißen Sand. Das Wetter allgemein hat sich sehr beruhigt. Es wird zunehmend heißer und die Wassertemperatur ist auf angenehme 25 Grad gestiegen. Im Kiosk am Strand kann man sich für überteuerte Preise ein Getränk oder ein Eis gönnen. Die Preise sind hier an die Touristen angepasst, da es hier sehr viele Hotelanlagen und Ferienwohnungen gibt.



Palombaggia/Pinarellu
18.06.2019 – Dieser Strand ist eine Berühmtheit. Insbesondere durch seinen sehr markanten Baum, welcher hier aus dem Wasser ragte, von einem schönen Mäuerlein umzäunt war und viele Postkarten säumte. Dieses Symbol, fast so berühmt wie der Eiffelturm selbst, ist leider beim letzten Sturm dem Wind zum Opfer gefallen. Wir gingen hier vor Anker, um eine Badepause zu machen. Hier muss man sehr auf die 300 Meter Abstand zum Strand achten. Das war aber kein Problem, da trotz der Entfernung zum Ufer die Wassertiefe lediglich 5 – 7 Meter Betrug. Unsere letzte Nacht auf der Insel verbrachten wir ca. 20 sm nördlich in der Bucht von Pinarello. Eine sehr weit geformte Ankerbucht mit sandigem Grund und kristallklarem Wasser.

Auf nach Elba

19.06.2019 – Um 1400 hieß es Anker auf und wir segelten ganz gemütlich NNE – NE in Richtung Elba. Auch hier segelten wir wieder über Nacht, da wir uns so einen ganzen Tag sparen können. Vorbei an der Insel Pianosa und der weiter entfernten Insel Montecristo fiel um Punkt 0544 der Anker auf italienischem Grund in der Bucht vor der Marina di Campo.
Elba
Während die Nachtwache sich ein paar Stunden Schlaf genehmigte, machte der Rest klar Schiff, brachte Müll an Land und machte Einkäufe. Dies ermöglichte uns einen weiteren wunderbaren Badetag in der Spiaggia die Acquarilli. Wer hätte es gedacht, aber hier gibt es einen Eiswagen per Boot, der die Yachten abklappert. Das Eis war trotz Boottaxi günstiger als im Kiosk auf der Stanta Guilia 🙂 Nach einer weiteren und leider auch der letzten Nacht geht nach 346 NM ein weiterer eindrücklicher und wunderschöner Törn zu Ende.

Resümee
Viele Crews, welche behaupten auf Korsika „gewesen“ zu sein beschränken sich dabei häufig auf Bonifacio, wenn sie ab Sardinien chartern, oder Capraia und Macinaggio wenn sie von Elba kommen. Faktisch mag das stimmen, aber ich habe auch nicht Amerika gesehen, nur weil ich in New York war. Aber selbst Bonifcaio und Macinaggio gelingen oftmals nicht jeder Crew, da es der Wind nicht zulässt. Bei Youtube sucht man vergebens nach Segelvideos, welche auch andere Ecken Korsikas zeigen.
Der Grund hierfür ist der Mistral. Ein Wind der Korsika aus westlicher Richtung trifft. Das Problem an diesem berüchtigten Wind ist, er bläst auch im Sommer bei schönstem Wetter mit einer Stärke von bis zu 10 Bft. An der Westküste türmen sich bis zu 6 Meter hohe Wellen auf zu dieser Zeit. An Segeln ist da nicht mehr zu denken. Erschwerend kommt hinzu, dass es an der ca. 200 sm langen Westküste (Cap Corse mitgezählt) beinahe keine schützenden Häfen gibt und wenn doch, sind diese bei entsprechender Prognose Rasch belegt. Charterer können sich den Luxus vom 3 – 5 tägigen Abwettern selten leisten. Zwei Wochen am Stück ohne Mistral ist hingegen schon mit viel Glück verbunden. Die Prognose des Mistrals muss akribisch über Funk und Internet verfolgt werden. Die eigene Wetterbeobachtung auf See reicht hierfür nicht aus. Vor einem Mistral hebt sich das Barometer nochmals, anstatt zu sinken. Die Weitsicht verbessert sich während des Mistrals. Dieser Wind bestimmt im wahrsten Sinne den gesamten Törnverlauf. Als wäre der Mistral nicht schon schlimm genug, macht sich häufig nach dem Mistral, sofern das Genua Tief nach SE abzieht, ein weiterer starker Nordwind bemerkbar. Der Tramontana. Alleine diese zwei Phänomene überschreiten in Kombination bereits die Dauer der meisten Chartergäste. Dies bringt einen weiteren Punkt mit sich. Zwei Wochen sind eigentlich viel zu kurz für diese Tour, eben genau aufgrund dieser Eventualitäten.
Somit war der größte Teil der Vorbereitungen, verschiedene Optionen durchzuspielen, angepasst an das Wetter, welches wir vorfinden werden.
Somit kann ich abschließend nur raten sich vom Wind treiben zu lassen. Anders geht es in diesem Revier ohnehin nicht.