2020 – Ein Großteil der Bevölkerung verbindet mit dieser Zahl genau ein Thema. Corona! Glücklicherweise hatte das Virus im Sommer 2020 eine Auszeit genommen und uns vier phantastische Segelwochen in Griechenland ermöglicht. Ein Törnbericht.
Ausgang unserer Reise waren die Ionischen Inseln. Genauer gesagt, Lefkas Stadt. Am Samstag den 27. Juni sollte es losgehen. Es war eine logistische Herausforderung den Törn so zu planen, dass alle Freunde die mitwollten auch mit konnten. Da bis auf zwei Segler niemand 4 Wochen auf dem Boot bleiben wollte, habe ich mehrere fixe Stationen eingebaut, an denen wir den Crew-wechsel vollziehen konnten. Mir erschienen Poros, Gythio und Kyparissia als geeignete Destinationen, welche auch halbwegs mit öffentlichen Verkehrsmitteln ab Athen erreichbar waren und man eine gewisse Proviantierung vornehmen konnte.
Zunächst war bis kurz vor dem Abflug nicht klar ob die Reise denn überhaupt stattfinden würde. In Zeiten von Corona ist es schwierig weiter als ein paar Tage im voraus zu planen. Umso schöner war natürlich, dass die Anreise problemlos verlief. Was aber ein wirkliches Highlight war, ist die Tatsache, dass wir komplett alleine im gesamten ionischen Meer waren. Für gewöhnlich verlassen ende Juni an einem Samstag weit über 100 Crews den Hafen von Lefkas. Am Samstag des 27. Juni 2020 waren es genau zwei Crews. Wir und ein weiteres Schiff am anderen Ende der Marina. Um die Ionischen Inseln ähnlich leer zu sehen müsste man sonst ganz tief in die Nebensaison ausweichen. Aber im Juni – undenkbar. Corona macht’s möglich.

Ionische Inseln
Wer im ionischen Meer bereits unterwegs gewesen ist, weiß, dass die One House Bay, eine Bucht auf der Insel Atokos, im Sommer sehr gut besucht ist. Für gewöhnlich würden sich in dieser Bucht zu dieser Jahres und Tageszeit weit über 30 Boote quetschen. Da wir zuvor in einer wunderschönen Bucht auf Kastos übernachtet hatten welche lediglich 5 Seemeilen entfernt ist, wollten wir eigentlich etwas weiter segeln. Auf der anderen Seite konnten wir uns diese Gelegenheit nicht entgehen lassen eine Nacht einsam in der One House Bay zu verbringen. So konnten wir das Logbuch für diesen Tag zur Seite legen und den Tag mit Baden und Ausruhen verbringen.

Unser nächstes Ziel war die Insel Kefalonia. Den Hafen in Sami laufen wir sehr gerne an. Für gewöhnlich kommt hier unter normalen Umständen immer ein schönes Flair auf wenn der Hafen sich am Abend mit Segelbooten füllt und die Crews in den Restaurants zu Abend essen. Nicht jedoch in diesem Jahr. Wir waren das einzige Schiff im Hafen Sami. Das Essen in der Taverne war zwar hervorragend wie jedes Jahr, aber die ansonsten gähnende Leere war sehr befremdlich und die Gastronomen waren dementsprechend erfreut endlich wieder Touristen in ihrem Restaurant sitzen zu haben, welche ein paar Euro in Sami lassen würden.
Zakynthos
Weiter ging es nach Zakynthos. Alle Inseln im ionischen Meer sind auf ihre Weise etwas besonderes. Aber Zakynthos ist für mich die interessanteste. Nach einem obligatorischen Abstecher in der Navagio Bay alias Shipwreck Beach ging es an der Westküste entlang in das Naturreservat Zakynthos zum Übernachten.

Der National Marine Park Zakynthos wurde 1999 gegründet und dient in erster Linie dem Schutz der Caretta caretta Schildkröten. Da die Schildkröte zur selben Zeit ihre Eier an den Strand bringt zu der auch die meisten Touristen auf der Insel sind, wurde der natürliche Lebensraum immer weiter eingeschränkt bis der National Park gegründet wurde. Hier ist es sehr wichtig die nautische Literatur genau zu studieren, da Ankern nur in Zone C erlaubt ist. Auf jeden Fall sollte man das Befahrensverbot in Zone A respektieren.

Am folgenden Tag war ein Landausflug auf der Insel geplant. Am besten funktioniert das mit einem fahrbaren Untersatz. Der Marinero Andreas kann dabei alles besorgen. Von der Pizza bis zum Auto. Es macht durchaus Sinn Andreas einen Tag im voraus zu informieren wann man Einlaufen möchte, sodass er einen Platz am Strom und Wasser reservieren kann.
Von der Marina aus liegt die Bucht Navagio eigentlich am anderen Ende der Insel. Dennoch ist der Weg dorthin sehr spannend. Der Küstenstraße entlang gibt es etliche Buchten zum Baden oder Einkehren.

Da die erste Woche bereits fast rum war und ein Teil der Crew ihren Rückflug antreten musste waren wir gezwungen uns von Zakynthos zu verabschieden und weiter gen Süden zu segeln. Den Schlag von ca. 70 Seemeilen fernab der Küste von Zakynthos nach Pylos wollten wir nachts absolvieren da wir so keinen ganzen Tag für die Überfahrt „verschwenden“ mussten. Auf so einem Schlag auf dem offenen Meer passiert ohne hin recht wenig und es ist weit uninteressanter als in Küstennähe. Die Bedingungen für die Nachtfahrt waren ohnehin perfekt. Vollmond und 2 bis 3 Bft aus NW bis 4 Uhr in der Nacht war vorausgesagt.

Leider hat die Prognose am Ende nicht ganz gestimmt und wir mussten ab 0100 unter Motor durch die Nacht tuckern.
Peloponnes
Um 0630, pünktlich zum Frühstück waren wir in Pylos angekommen. Ursprünglich hatte ich vor, im Yachthafen an der langen Mole festzumachen. Da in erster Reihe nichts frei war und ich kein anderes Boot wecken wollte gingen wir zum Ausladen der Crew an den Fährpier.


Zu fünft ging es für heute nur noch ca. 10 Seemeilen weiter nach Finikouda. Ein kleines süßes Städtchen, welches wir bereits ein paar Jahre zuvor mit dem Camper besucht hatten. Vor Anker nutzen wir den Tag zum Entspannen und Baden. Auf dem Weg dorthin wurden wir mal wieder von Delfinen begleitet.

Unser mittelfristiges Ziel war Elafonisos. Für die Fahrt dorthin hatten wir von unserem Standort vor Finikouda in etwa 5 Tage Zeit, da wir in einer Woche bereits in Gythio für den nächsten Crew-Wechsel sein mussten. Auf dem Weg liegen ein paar Highligts wie das Dorf Koroni, die südliche Hauptstadt des Peloponnes Kalamata und die einzigartige Kulisse von Porto Kagio.

Kalamata
Falls im südlichen Peloponnes mal ein Gewitter angesagt ist, gibt es nicht allzu viele geschützte Buchten oder Häfen und diese sind auch noch relativ weit voneinander entfernt. Was jedoch in so einer Situation sicherlich eine angenehme Abwechslung ist, ist Kalamata. Kalamata galt in der früheren Zeit als die Hauptstadt des Peloponnes und man kennt die Stadt vor allem wegen ihrer Oliven, die nach dieser Stadt benannt worden sind. Im Hafen bekommt man Diesel, Proviant, Gas und es gibt direkt in Hafennähe viele Tavernen und Souvenirs. Etwa zwei Kilometer Stadtauswärts gibt es größere Supermärkte, welche für größere Einkäufe gedacht sind. Die Marina wird auf Kanal 12 angefunkt und der Marinero weist einem den Platz zu. Wir zahlten hier ca. 50 Euro für eine Nacht inklusive Strom und Wasser. Es gibt Duschen, Waschmaschinen und eine Bar über dem Marina Office.

Weiter geht es zur nächsten Etappe in Richtung Porto Kagio. Das ist ein Naturhafen am südlichsten Kap vom Peloponnes. Es ist sogar das zweitsüdlichste Kap Europas. Das Kap Tenaro trennt den Messinischen und den Lakonischen Golf. Da Porto Kagio östlich vom Kap Tenaro liegt, befindet es sich bereits im Lakonischen Golf. Die Hauptstadt von Lakonien war übrigens Sparta und von hier stammt auch der Begriff „lakonisch„.
Schön beschrieben auf Wikipedia ist der folgende verbale Schlagabtausch, welcher den lakonischen Ausdruck verdeutlicht:
Als Philipp II. von Makedonien bei anderer Gelegenheit mit seinem Heer herannahte, sandte er der Legende nach folgende Drohung an die lakonische Hauptstadt Sparta:„Wenn ich euch besiegt habe, werden eure Häuser brennen, eure Städte in Flammen stehen und eure Frauen zu Witwen werden.“
Darauf antworteten die Spartaner:„Wenn.“
Die Entfernung von Kalamata nach Porto Kagio beträgt in etwa 50 Seemeilen. Dort angekommen mussten wir feststellen, dass recht viele Boote hier bereits vor Anker lagen. Da hier permanent kräftige Fallböen herunter kommen und man auch Nachts auf Winddreher gefasst sein sollte, beschlossen wir die nächste sichere Bucht für die Nacht anzusteuern. Diese lag nochmal etwa 15 Seemeilen nördlich. Unzwar ist das Skolpos Skoutari. Wir steuerten diese Bucht an, weil sie sehr breit und frei von untiefen ist. Dies war in dem Moment wichtig, da es bereits dunkel geworden ist und wir im Dunkeln den Anker fallen lassen mussten.

Elafonisos
Am Morgen konnten wir uns von der Schönheit der Bucht überzeugen und nach dem Frühstück unseren direkten Schlag nach Elafonisos aufnehmen. Diese Trauminsel ist nur noch 25 Seemeilen entfernt. Dort angekommen waren wir wie erwartet überwältigt vom türkisen Wasser. Es ist wohl einer der schönsten Orte in Europa. Elafonisos befindet sich am äußersten Zipfel des Lakonischen Golfes, kurz vor dem Kap Malea. Diese Kap ist sehr geschichtsträchtig, wie so vieles in Griechenland. Hier endet das südliche Ionische Meer und geht ins Kretische und Ägäische Meer über. Das hat aber auch zur Folge, dass genau hier zwei Windsysteme aufeinander treffen. Während im südlichen Ionischen Meer der Wind aus West weht, kommt er östlich des Kap Melea aus Nord. Daraus resultieren Kreuzseen und allgemein schwere Bedingungen für die Seefahrt. Bereits in der Ormos Frangos auf Elafonisos merkt man den heftigen und auch kühlen Wind aus Nord. Dieser rupft für die kommenden zwei Tage mit bis zu 35 Knoten an unserem Anker.


Nach entspannten zwei Tagen und einigen Ausflügen zum Strand mussten wir nun wieder den Weg zurück antreten. Unser unmittelbares Ziel war Gythio, da hier der nächste Crew Wechsel stattfinden wird.
Gythio
Gythio ist gleichzeitig ein Port of Entry und die Port Police ist hier sehr präsent. Auch liegen hier viele verwahrloste Schiffe welche geklaut und für den Flüchtlingstransport genutzt worden sind.

Insgesammt ist dieser Hafen zwar sehr pittoresk von der Landseite aus. Aus nautischer Sicht aber leider eine Katastrophe. Aufgrund der vielen Wracks gibt es nur wenig Plätze an denen man römisch Katholisch anlegen kann. In der Kaimauer ist alles verrostest und teilweise nicht mehr vorhanden was die Achterleinen aufnehmen könnte. Eine Möglichkeit ist am Fährenterminal längsseits zu gehen und im Hafenbüro zu erfragen wann die nächste Fähre kommt. Bei den Öffnungszeiten des Hafenbüro ist das aber auch nicht ganz einfach. Beim Ankern sollte man die Fallböen berücksichtigen, welche hier Nachmittags aus Nord bis West auftreten können. Noch bevor die Achterleinen fest waren wollte die Portpolice bereits alle Papiere haben. Unnötiger Stress aber zumindest freundlich waren die Beamten.


Mit neuer Crew und neu proviantiert ging es die nächsten zwei Wochen die selbe Strecke wieder zurück nach Lefkas. Nur diesmal stehts mit Kurs gegen an. Ein schöner Halt war in Methoni. In der großen Bucht vor der alten Stadt finden viele Boote einen Platz zum Ankern und es lohnt sich die Stadt anzuschauen. Allerdings fiel uns dort auf, dass unser Ankerlicht den Geist aufgegeben hatte. Das Problem ist, dass es fast unmöglich ist herauszufinden welche Birne dafür erforderlich ist. Am nächsten Tag segelten wir nach Kyparissia. Hier sollten sowohl zwei neue Crew Mitglieder zusteigen als auch das Ankerlicht repariert werden. Dazu mussten wir leider zwei mal zum Mast hinauf. Einmal zum herausfinden welche Birne kaputt war und ein weiteres mal zum ersetzen. Dabei hilft einem die Portpolice. Diese konnte einen Ersatzteil Lieferdienst rufen. Wir konnten die fehlende Birne für 4 Euro nachkaufen.

Kyparissia
Allgemein hat der Hafen in Kyparissia zwar nicht viel zu bieten was die Infrastruktur angeht, also kein Strom und ein Wasserschlauch in großer Entfernung. Aber dafür war er umsonst und es gab ein wunderschönes Restaurant auf dem Hügel. Von dort hatte man eine sehr schöne Sicht auf die ganze Bucht bzw. den Golf von Kyparissia. Ein einziger sandiger fast 100km langer Strand an der Westküste von Peloponnes. Man kann bis nach Olympia sehen, dort wo zum ersten mal die olympischen Spiele abgehalten wurden.

Von Kyparissia ging es wieder zurück in den Nationalpark von Zakynthos. die 50 Seemeilen gingen ruckzuck vorbei und wir konnten in der „Schildkrötenbucht“ pünktlich zum Sonnenuntergang unseren Sundowner einnehmen.

Kurz vor dem Sundowner bekamen wir Besuch von einem österreichischen Kollegen welcher nach Ersatzteilen für seinen Motor fragte. Kurzerhand fand der fachliche Austausch traditionsbewusst bei einem Schluck Ouzo statt.

Wieder zurück beim Andi im Stadthafen von Zakynthos unternahmen wir zum wiederholten Male einige Landausflüge.
Ein Pferd .. .. und ein Cocktail
Auf dem Rückweg von Zakynthos nach Lefkas machen wir immer gerne Halt in der Rattenbucht Südöstlich auf der Insel Ithaka. Die Rattenbucht alias Ormos Pera Pigadi, hat ihren Namen wohl daher, dass es gelegentlich vorkam, dass Ratten über die Landleine an Board gelangen konnten. Seit wir in dieser Bucht ankern konnten wir das zum Glück noch nicht feststellen aber der Name ist geblieben. Erstaunlich war allerdings wie Voll es inzwischen im Ionischen Meer geworden ist. Mittlerweile ist aber auch schon fast ende Juli und die Corona bedingten Einschränkungen wurden so gut wie alle aufgehoben.

Auf dem Weg zwischen hier und Lefkas erfolgt der der obligatorische Besuch von Ithaka Stadt und schlussendlich der letzte Stop vor Lefkas auf Meganisi in einem der krakenhaften Buchten im Norden.

Schlusswort
Nach insgesamt 734 Seemeilen gehen 4 wunderschöne Wochen des Segelns im Ionischen Meer zu Ende und was bleibt sind viele tolle Erinnerungen an schöne Moment welche ich mit wunderbaren Menschen verbringen konnte. Ein Polster an guten Momenten und Erinnerungen ist je wichtiger je schwieriger die Zeiten sind die vor einem liegen. Das Reisen und die damit verbundene Freiheit ist für viele zur Selbstverständlichkeit geworden. Umso schwerer sind die Zeiten in denen es nicht mehr möglich ist, einfach und unkompliziert überall hinzureisen. Dies können wir auch als Chance begreifen indem wir uns dessen bewusst werden welch ein großes Privileg es ist, solche Reisen unternehmen zu dürfen. Und bis es wieder soweit ist, zehren wir von unserem Polster.